Friedenssucher zu zehn Jahren Haft verurteilt

(berriak-news/IN) Das spanische Sondergericht für Terror- und Drogendelikte, die Audiencia Nacional, hat heute offiziell fünf Angeklagte im Bateraguna-Prozess zu hohen Haftstrafen verurteilt und drei weitere freigesprochen. Die abertzalen Gewerkschaften haben für Montag zu Protesten in den vier südbaskischen Hauptstädten aufgerufen. Die nationalbaskischen Parteien werten das Urteil als einen Schlag gegen die neue politische Entwicklung im Baskenland.Der Urteilsspruch war bereits gestern um 20 Uhr bekannt geworden, nachdem der staatstragende Radiosender Ser unter Berufung auf nicht näher genannte Justizkreise entsprechende Details verbreitet hatte. Zwölf Stunden später bestätigte die Audiencia Nacional die Informationen des regierungsnahen Radios. Sie verurteilte den ehemaligen Sprecher der verbotenen baskischen Linkspartei Batasuna, Arnaldo Otegi, und den ehemaligen Generalsekretär der linken Gewerkschaft LAB Rafa Díez Usabiaga zu zehn Jahren Haft wegen „Mitgliedschaft in ETA“.

Die Richter betrachten die beiden Politiker als „Anführer“, die im Auftrag der Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) die verbotene Partei unter neuem Namen fortgeführt hätten. Damit folgten sie der Ansicht und den Strafforderungen der Staatsanwaltschaft. Die Mitangeklagten Sonia Jacinto, Arkaitz Rodríguez und Miren Zabaleta erhielten Haftstrafen von je acht Jahren. Lediglich Txelui Moreno, Amaia Esnal und Mañel Serra wurden freigesprochen, nachdem der Staatsanwalt die Anklage gegen sie aufgrund fehlender Beweise zurückgezogen hatte.

Fast alle Angeklagten befinden sich seit dem 13. Oktober 2009 in Haft. Der mittlerweile wegen Rechtsbeugung vom Dienst suspendierte Untersuchungsrichter Baltasar Garzón ließ die bekannten Politiker festnehmen, weil sie versucht hätten, die klandestine Organisation zu einem neuen Waffenstillstand zu überreden. Den vorherigen hatte die ETA 2007 nach einem gescheiterten Verhandlungsprozess mit der spanischen Regierung beendet und war zum bewaffneten Kampf zurückgekehrt, den sie bis Ende Juli 2009 fortführte. Anfang 2010 stellte sie ihre „offensiven bewaffneten Aktionen“ ein und erklärte am 8. Januar 2011 formell einen „allgemeinen, andauernden und verifizierbaren Waffenstillstand“. Damit kam sie den Hauptforderungen der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung nach. Diese hatte ein Jahr zuvor basisdemokratisch beschlossen, dass die Voraussetzungen für eine politische Lösung des Konflikts nur noch gewaltfrei und mittels Massenmobilisierungen erkämpft werden sollen. Die ETA hat diesen Paradigmenwechsel akzeptiert und ihrerseits Schritte unternommen, um den von den Angeklagten initiierten Prozess zu unterstützen. So gab sie bekannt, dass sie die so genannte „Revolutionssteuer“ nicht mehr eintreiben werde.

Vor diesem Hintergrund lässt sich das Urteil als einen Schlag gegen die neue politische Phase verstehen, die Otegi, Díez und ihre Mitstreiter wesentlich mit gestaltet haben. Zuvor hatte das Provinzparlament von Gipuzkoa mit überragender Mehrheit den Freispruch aller Angeklagten im Bateragune-Prozess gefordert.

Ob der Madrider Angriff erfolgreich sein wird, ist fraglich, da das Heft des Handelns mittlerweile andere Akteure – darunter die linke Parteienkoalition Bildu – führen. Des Weiteren ist auch nicht damit zu rechnen, dass die ETA wegen dieses Richterspruchs ihren Waffenstillstand beendet wird. Dessen einzige unmittelbare Folge ist, dass Otegi nicht vor den vorgezogenen Neuwahlen am 20. November 2011 freikommen wird. Das scheint auch das eigentliche Ziel der Audiencia Nacional zu sein. Denn zum Monatsende muss das Verfassungsgericht entscheiden, ob das Verbot der linken Partei Sortu rechtens ist oder nicht. Im Fall ihrer Wiederzulassung hätte Otegi dort einen neuen Betätigungsrahmen gefunden.

Angesichts des überraschenden Wahlerfolges von Bildu bei den Kommunalwahlen im Mai 2011 denkt man in Madrid anscheinend, dass man so eine Wiederholung des Erfolges bei den Nationalwahlen verhindern kann. Wie gross die Angst vor einer starken Präsenz der baskischen Unabhängigkeitsbewegung in den Cortes ist, zeigen die jüngsten Äußerungen des scheidenden Generalstaatsanwalts Cándido Conde-Pumpido. Vor den höchsten Vertretern des spanischen Justizwesens forderte er, dass „Sortu nicht legalisiert werden darf“.

Es ist anzunehmen, dass die baskische Unabhängigkeitsbewegung die morgen in Donostia (span.: San Sebastián) angesetzte Demonstration für die politischen baskischen Gefangenen nutzen wird, um Madrid deutlich zu machen, was sie von den jüngsten Attacken hält.

Den Originalartikel finden Sie hier.

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