Über Meinungsfreiheit und Verteidigung des Baskischen. Ingo Niebel belegt die fachliche und moralische Inkompetenz des „Starrichters” Garzón

Es passiert mitten in Europa: Zwischen 1998 und 2003 schließt der spanische Staat vier baskische Medien, die Tageszeitungen Egin und Egunkaria, den Radiosender Egin Irratia und das politische Magazin Ardi Beltza.

Seine Polizei verhaftet über zwei Dutzend baskische Journalistinnen und Journalisten, von denen sie einige während der Isolationshaft foltert. Es folgen ab 2005 Massenprozesse, in denen die Madrider Justiz Journalisten und Verlagsmitarbeiter zu langen Haftstrafen verurteilt. Verantwortlich für diese regide Unterdrückung der Presse- und Meinungsfreiheit, für Folter und Haftstrafen ist die Audiencia Nacional, das Sondergericht für Terror-, Drogen- und Wirtschaftsdelikte in Madrid, das seinen Ursprung in der Franco-Diktatur hat.

Der deutsche Historiker und Journalist Ingo Niebel bettet diese Ereignisse ein in eine Beschreibung der

– baskischen Medienlandschaft seit dem Ende des Franco-Faschismus 1978,

– Auseinandersetzungen um eine ungehinderte Entwicklung der baskischen Sprache und Kultur,

– »Homogenisierung« der nationalspanischen Medien in ihrer Berichterstattung über den spanisch-baskischen Konflikt und

– Ermordung von baskischen Journalisten durch Todesschwadrone und der Anschläge der baskischen Untergrundorganisation ETA gegen Medienschaffende.

Detailliert geht er auf die Rolle des Sondergerichts Audiencia Nacional und des international bekannten Untersuchungsrichters Baltasar Garzón ein, der die Schlüsselrolle bei der Schließung baskischer Medien und Verurteilung ihrer Redakteure spielt. Für die deutsche Öffentlichkeit ist Baltasar Garzón noch aus einen besonderen Grund von Interesse, hat ihm doch der deutsche PEN-Club 2009 den Hermann-Kesten-Preis für Menschenrechte verliehen. Das Internationale PEN-Zentrum in London dagegen führt die beiden Egin- Journalisten Xabier Salutregi und Teresa Toda, Garzóns Opfer, als »Writers in Prison«.

In seinem Schlusskapitel skizziert Ingo Niebel die Aussichten auf eine demokratische und gerechte Lösung des spanisch-baskischen Konflikts angesichts der Einstellung der bewaffneten Aktionen von Seiten der ETA im Oktober 2011.

Das Vorwort der Vorsitzenden des Baskischen PEN-Clubs Laura Mintegi verdeutlicht die Haltung der baskischen Zivilgesellschaft zu den Perspektiven für eine friedliche Lösung des Konflikts, zur denen als absolute Voraussetzung die Achtung der Bürger- und Menschenrechte durch den spanischen Staat gehört.

Niebel, Ingo. Schreiben für das Baskenland. Journalisten gegen Madrider Lügen, Medienverbote, Folter und Haft. Bonn: Pahl-Rugenstein, 2012. ISBN 978-3-89144-502-0, 130 S., br., 9,95 Euro.

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