Verkehrsunfall auf Kuba mit kontinentaler Dimension

 

 

Der Oppositionelle Oswaldo Payá starb bei einem Autounfall auf Kuba. (Quelle: oswaldopaya.org, Wikipedia.)

Der 60jährige Oswaldo Payá war einer jener „Dissidenten“, der auf die grosszügige Unterstützung der europäischen Rechten zählen konnte. Sie machten ihn 2002 zum Träger des Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments. Hinter ihm standen sowohl die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung und die im CIA-Schatten operierende Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGfM) ebenso wie Spaniens postfranquistische Volkspartei (PP) und die schwedischen Christdemokraten (KDU). Just die Nähe zu diesen Formationen, deren erklärtes Ziel der „Regime Change“ auf Kuba ist, wurde Payá zum Verhängnis.

 

 

Am Steuer des Unfallwagens sass Ángel Carromero von der spanischen Volkspartei (PP). (Quelle: Kuban. TV)

Am Sonntag, den 22. Juli 2012, starb der Vorsitzende der Christlichen Befreiungsbewegung (MCL) zusammen mit seinem Glaubensbruder Harold Cepera bei einem Verkehrsunfall. Die beiden Kubaner sassen im Fond eines Mietwagens, den der Spanier Ángel Carromero lenkte. Auf dem Beifahrersitz hatte der Schwede Jens Aron Modig Platz genommen.

 

 

Der Schwede Jens Aron Modig sass auf dem Beifahrersitz. (Quelle: Kuban. TV)

Letzterer ist der Vorsitzende des Jugendverbandes der schwedischen Christdemokraten, die sich in der Vergangenheit als sehr US-hörig und dementsprechend kubafeindlich erwiesen haben. Damit liegt er auf derselben Wellenlänge wie Carromero, der Vizegeneralsekretär des PP-Jugendverbandes Nuevas Generaciones in der Autonomen Gemeinschaft Madrid ist. Die dortige Ministerpräsidentin Esperanza Aguirre zählt zu den antikubanischen Hardlinern innerhalb der PP. Mehrere Fotos, die der kanadische Journalist Jean-Guy Allard gefunden hat, zeigen Carromero und Aguirre zusammen mit dem ehemaligen spanischen Regierungschef José María Aznar. Dieser fährt ebenfalls eine harte Linie gegen das sozialistische Kuba fährt und meint, dass „gegen Fidels Kubas dasselbe Rezept angewandt werden müsste wie gegen Gaddafis Libyen“.

Der spanische Todesfahrer

Die staatliche spanische Nachrichtenagentur EFE meldete, dass Carromero ausgesagt habe, das Verkehrsschild mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung übersehen zu haben. Die kubanischen Behörden ermittelten, dass der Spanier bis zum Zeitpunkt des Unfalls eine Strecke von 800 Kilometern trotz drei Pausen innerhalb von acht Stunden zurückgelegt hatte. Demnach muss er mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 120 Stundenkilometern unterwegs gewesen sein. Mehrere Zeugen sagen aus, dass der Mietwagen sie mit sehr hoher Geschwindigkeit überholt habe. Die Schnelligkeit wurde Carromero zum Verhängnis, als er in einen Bereich kam, der wegen Bauarbeiten nur mit 60 Stundenkilometern befahren werden durfte. Auf dem nicht asphaltierten Untergrund bremste Carromero scharf ab und geriet dadurch ins Schleudern. Der Wagen prallte gegen einen Baum. Payá starb noch am Unfallort, Cepera wenig später im Krankenhaus. Beide waren nicht angeschnallt, teilte das kubanische Innenministerium am 27. Juli 2012 mit.

 

 

Payá und Cepero starebn auf der Rückbank. (Quelle: granma.cubaweb.cu)

„Er hat keine Schmerzen“ und sei bei guter Gesundheit, sagte der spanische Generalkonsul in Havanna, Tomás Rodríguez-Pantoja, zum Zustand des Unfallfahrers. Modig konnte nach ambulanter Behandlung das Hospital verlassen.

Am 31. Juli 2012 teilten kubanische Medien mit, dass gegen Carromero wegen Totschlags ermittelt werde. Entgegen anderslautenden Presseberichten durfte auch sein schwedischer Mitreisender die Karibikinsel noch nicht wieder verlassen. In einem Video gab er zu, dass er von seiner Partei den Auftrag erhalten hatte, den Dissidenten heimlich Geld zu bringen. Das ist in Kuba verboten. Die zwei Europäer hatten das Land mit einem Tourismusvisum betreten und bei der Einreise verheimlicht, dass sie vorhatten, sich mit der sogenannten „Opposition“ zu treffen.

Diese Art von politischem Abenteuertum gehört zum Standardrepertoire europäischer Rechtsparteien, um die Ausweisung durch die kubanische Regierung zu provozieren. Davon erhoffen sich antikubanische Kreise eine für sie positive Medienberichterstattung. In diesem Fall ging der Schuss nach hinten los, und am Ende waren zwei Tote zu beklagen.

 

 

Das rote Kennzeichen weist den Hyundai als Mietauto aus.

Swedish Connection

Allard weist darauf hin, dass die Hauptbelastungszeugin gegen den Wikileaks-Gründer Julian Assange wegen Vergewaltigung, die Schwedin Anna Ardin, zur selben Organisation gehörte wie Modig. Auch sie war auf Kuba tätig gewesen, wo sie die „Damen in Weiss“ unterstützte. Die „Damas de blanco“ wiederum erhalten Subventionen von der Vorfeldorganisation der CIA, der US-Entwicklungshilfeagentur USAID, die sich unterschiedlicher Kanäle bedient, um antikubanische Organisationen zu finanzieren. Über Ardins schwedische Connections schließt sich dann der Kreis zur deutschen IGfM.

In Deutschland sprach die besagte Gesellschaft in ihrer Pressemitteilung (23.7.2012) sofort von einem „mysteriösen Autounfall“ und degradierte die beiden Europäer zu Mitgliedern „christlicher Nichtregierungsorganisationen“. Und der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Arnold Vaatz, forderte rasch eine internationale Untersuchung des Verkehrsunfalls. Diesem misst er kontinentale Bedeutung zu: „Die Frage, ob die Aufklärung in befriedigendem Maße gelingt, ist nicht nur für die Zukunft Kubas, sondern für die politische Entwicklung in weiten Teilen Zentral- und Südamerikas von Bedeutung.“ Der aus der DDR stammende Christdemokrat gehört zu den deutschen Hardlinern, wenn es um oder besser gesagt gegen Kuba geht. Vaatz hält über das 2005 in Prag gegründete und von den USA geförderte International Committee for Democracy in Cuba (ICDC) Kontakt zu Teilen des gewaltbereiten antikubanischen Exils in Miami. 2005 hatte die kubanische Regierung Vaatz umgehend ausgewiesen, nachdem dieser ebenfalls mit einem Touristenvisum eingereist war, um an einem von Payá organisierten „Bürgerrechtskongress“ teilzunehmen.

Da es bisher weder Spaniern noch Deutschen gelungen ist, handfeste Beweise zu präsentieren, die Havanna mit dem Tod der zwei MCL-Funktionäre in Verbindung bringen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie versuchen werden, Carromeros Arrest zu skandalieren. Die rechtskonservative spanische Tageszeitung ABC titelte bereits „Kuba bringt Carromero dazu zu gestehen, dass Payá bei einem Verkehrsunfall starb.“ Der Betroffene selbst bat in der zitierten Videoschaft, man möge ihn so schnell wie möglich heimholen.

Das dürfte allein wegen der zwei Verkehrstoten schwierig werden. Selbst das Auswärtige Amt warnt in seinen aktuellen Reise- und Sicherheitshinweisen: „Bei Unfällen mit Personenschäden unter Beteiligung von Touristen kann es zu einer mehrwöchigen Ausreisesperre, evtl. auch zu Untersuchungshaft kommen. Wenn Personen verletzt oder getötet wurden, werden gegen ausländische Fahrer drakonische Haftstrafen verhängt.“ Der kubanische Staat ist verpflichtet, ein mögliches Vergehen zu ahnden, damit ein ausländischer Unfallverursacher gegebenenfalls die Opfer und ihre Familien zivilrechtlich entschädigt. Dass er dabei zu „drakonischen“ Strafen greifen muss, wie es das AA nennt, hat auch damit zu tun, dass Havanna allein schon wegen der US-Blockade und der antikubanischen Haltung der EU nicht mit der entsprechenden Rechtsicherheit rechnen kann, aus der sich vielleicht ein anderer Umgang mit derartigen Verkehrsdelikten ergeben könnte. Nicht umsonst raten Reiseveranstalter und Autovermietungen ihren Kunden eindringlich, die kubanischen Verkehrsregeln zu beachten oder sich einen Wagen mit Fahrer zu mieten.

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