Die grünschwarzlila geführte Stadtspitze kappt Kölns Domtürme. Anstelle der markanten Domspitzen soll nur noch der Doppeladler im Stadt-Logo der Verwaltung prangen.

Der von Bündnis 90/Grünen, CDU und der paneuropäischen Kleinpartei Volt geführte Rat unter der parteilosen Oberbürgermeisterin Henriette Reker mutet Kölns Bürger:innen eine Menge zu: Zuerst läßt die Stadtspitze den Leitungsposten des bundesweit und international bekannten NS-Dokumentationszentrum unbesetzt; jetzt kupiert sie das Logo der Verwaltung. Bis zum Sommer sollen dort die charakteristischen Domspitzen verschwinden. Sie reduziert das Logo auf das Emblem mit dem Schwert und Zepter haltenden Doppeladler. Dem heraldischen Federvieh bleibt immerhin als Brustschild das Stadtwappen mit den drei Kronen und elf schwarzen Flammen erhalten.

“Im Ergebnis wurden das über 20 Jahre alte Logo und der gesamte Markenauftritt inklusive des Corporate Designs als nicht mehr zeitgemäß beurteilt”, teilt die Stadt mit. “Insbesondere erfüllen der Markenauftritt und das Logo nicht mehr die modernen Anforderungen, insbesondere mit Blick auf digitale Anwendungen wie beim Internetauftritt und im Social-Media-Bereich”, begründet sie den Wechsel und fügt hinzu: “Anstatt eines sachlich komplexen Hoheitszeichens sollte das Markenzeichen zukünftig als Signet einer modernen Metropole klar, prägnant, wiedererkennbar und crossmedial einsetzbar sein.”

Die Wortwahl offenbart eine gewisse Begriffskonfusion. Als städtisches Hoheitszeichen gilt in erster Linie das Stadtwappen mit Doppeladler und Brustschild. Dessen Neugestaltung steht jedoch nicht zur Debatte.
Unter Markenzeichen versteht man jedoch in diesem Kontext ein graphisch gestaltetes und geschütztes Zeichen, mit dem alle Artikel einer Marke gekennzeichnet werden. Bekannte Beispiele sind der Schriftzug von CocaCola oder Ford. Die Stadtspitze möchte jetzt das stilisierte Wappen zum alleinigen “Markenzeichen” ihres Auftritts machen.
Aber wie viele Menschen von jenseits des Planeten Colonia werden das neue “Signet” auf einem Blick mit Köln in Verbindung bringen? Es gibt sie ja Kulturen, die einem Namen mit lateinischen Buchstaben und einem deutschen Umlaut keine Bedeutung zumessen, einem Icon aber sehr wohl. Und wer kennt schon das Stadtwappen von Paris oder Berlin? Beide Metropolen identifizieren sich im 21. Jahrhundert mit ihren Wahrzeichen: Eiffelturm beziehungsweise Brandenburger Tor. In stilisierter Form, die selbstverständlich crossmedial einsetzbar ist, gelten diese Erkennungszeichen als Sinnbild der jeweiligen Stadt.
In Köln erfüllt der Dom diese Funktion seit seiner Fertigstellung im 19. Jahrhundert. Wenn Not am Platze ist, reichen auch die Domspitzen. In Kombination mit dem Stadtwappen und dem Namenszug fungieren sie als Alleinstellungsmerkmal. Letzteres hebt das alte Stadtlogo von anderen ähnlich aussehenden eindeutig und rasch ab. Läßt man Google mit dem kupierten Signet nach vergleichbaren Bilder suchen, präsentiert es das Wappen von Frankfurt am Main und einiger polnischer Städte: Sie alle haben das Adlersymbol sowie die Farben rot und weiß gemein.
Mit ihrem Vorhaben schafft die Stadt Köln auch jenseits ihrer kommunalen Grenzen für Gesprächsstoff. So kommentiert Lucas Wiegelmann von der konservativen Tageszeitung Die Welt: “Kirche und Christentum erscheinen als Ärgernis, das Anstoß erregen könnte. Das ist verheerend.”
Die Kirche im kölschen Dorf lassend, gibt der dort heimische Musiker Peter Brings im Interview mit t-online zu bedenken: “Auch und gerade weil unser Dom die letzten Jahre seine Schatten auch auf einen ‘Hausherren” hat werfen müssen, der viel Misskredit über die Kirche und die Stadt gebracht hat, ist genau jetzt die Zeit zu sagen: Der Dom ist Köln, Köln ist der Dom … und das darf auch jeder wissen, Digitalmarketing hin oder her!”
Brings Statement erinnert an einen heute als Karnevalslied bekannten Protestsong gegen die Stadtsanierung: “Mer losse d’r Dom en Kölle, denn do jehöt hä hin”*, sangen die Bläck Fööss ab 1973. “Wat sull dä dann woanders, dat hät doch keine Senn”**, stellten sie fest. Ein Dom lässt sich nicht so schnell versetzen, auch nicht vom Stadtlogo.
*”Wir lassen den Dom in Köln, denn da gehört er hin.”
** “Was soll der denn woanders, das macht doch keinen Sinn.”